Evaluation: Ein Wort, das für Leibniz-Institute eine sehr grundlegende Bedeutung hat. Denn diese externe Begutachtung stellt die Weichen für die Zukunft der Einrichtungen. Das DIPF hat das Ganze gerade hinter sich und Dr. Steffen Schmuck-Soldan, der das Verfahren am Institut koordiniert hat, blickt zurück. Er erzählt von sinnvoll eingesetzten öffentlichen Geldern, von kurzfristig noch einmal komplett über den Haufen geworfenen Raumplänen und von 10.000 Arbeitsstunden.
Was genau ist eine Evaluation eines Leibniz-Instituts?
Alle sieben Jahre wird jedes der aktuell 93 Leibniz-Institute durch eine unabhängige Expertenkommission auf Herz und Nieren überprüft. Auf Basis eines recht umfangreichen Kriterienkatalogs legt die Kommission dem Senat der Leibniz-Gemeinschaft einen Bewertungsbericht vor, der daraufhin eine Empfehlung ausspricht, ob das Institut weiterhin in der Leibniz-Gemeinschaft bleiben und damit weiter von Bund und Ländern gefördert werden sollte. Letztlich entscheidet darüber dann die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz. Es geht also ganz essentiell um die Zukunft der Einrichtungen, zum Teil sogar um deren Fortbestand.
Wozu dient die Evaluierung?
Bund und Länder finanzieren die Leibniz-Institute, weil deren wissenschaftliche Arbeit als überregional bedeutsam erachtet wird und einem gesamtstaatlichen wissenschaftspolitischen Interesse dient. Zum Beispiel generieren, verarbeiten und kommunizieren wir am DIPF Wissen über Bildung. Die Evaluierung liefert eine Bewertung darüber ab, ob die öffentlichen Gelder sinnvoll eingesetzt werden. Sie ist damit ein Instrument der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle. Gleichzeitig liefert sie auch Hinweise darauf, in welchen Bereichen Stärken und Schwächen einer Einrichtung liegen und wo es Möglichkeiten für die Weiterentwicklung gibt.
„Es geht ganz essentiell um die Zukunft der Einrichtungen, zum Teil sogar um deren Fortbestand.“
Was bedeutet aus eigener Erfahrung die Umsetzung einer solchen Evaluation?
Natürlich möchte jede Leibniz-Einrichtung die eigenen Leistungen während der Evaluierung bestmöglich darstellen. In der Vorbereitung bringt das eine ganze Reihe zusätzlicher Arbeiten mit sich. Denn die Ziele, Arbeitsbereiche und Tätigkeiten eines Instituts wie dem unseren wollen erst einmal genau und zugleich kompakt dokumentiert sein – in einem schriftlichen Bericht und bei der Präsentation während der Begehung. Wir haben immerhin rund 300 Beschäftigte, die sich auf fünf Abteilungen und die Administration verteilen, und befassen uns mit einem umfangreichen Aufgabenspektrum, das von internationalen empirischen Studien zur Schulentwicklung bis zu Forschungsdatenzentren für den Bildungsbereich reicht.
Man darf auch nicht vergessen, dass sich die Evaluation auf einen recht langen Zeitraum bezieht. Da kommen schon so einige Publikationen, Promotionen und Veranstaltungen zusammen. Und es gilt, einen sehr grundsätzlichen Entwurf der mittelfristigen Arbeitsplanung vorzulegen. Dafür stellt die Leibniz-Gemeinschaft Muster und Vorlagen bereit. Dennoch heißt es, früh loszulegen. Wir haben bereits im April 2016 begonnen, Aufgaben, Zeitpläne und Ressourcen festzulegen, um uns möglichst gut auf den Besuch der Expertenkommission im Januar 2018 vorzubereiten.
Ganz persönlich: Wie haben Sie das Ganze erlebt?
Für mich war es überraschend, dass im Zuge der Vorbereitungen eine solche Dynamik entsteht, die am Ende das ganze Institut mitnimmt. Das kann für eine Einrichtung sehr positiv sein – auch unabhängig davon, was am Ende im Evaluierungsbericht steht. Eine der zentralen Erkenntnisse aus dem Projekt ist für mich, dass diese Dynamik gut koordiniert und auch getaktet sein muss, um am Ende viel Energie mit in die Begehung zu nehmen. Wir haben deshalb versucht, den Beteiligten in der Vorbereitungsphase immer wieder Auszeiten anzubieten – und natürlich auch selbst wahrzunehmen, was nicht immer einfach ist. Als Koordinationsteam fühlt man sich sozusagen im Auge des Sturms. Man muss neben der Organisation vor allem sehr viel moderieren, auf zahlreiche Anregungen und auch Sorgen eingehen. Etwa: Wird die Institutsstrategie in unserem schriftlichen Bericht verständlich? Haben wir zu viele Präsentationsfolien? Wie reagieren wir auf diese oder jene mögliche Frage der Expertenkommission?
„Als Koordinationsteam fühlt man sich sozusagen im Auge des Sturms. Man muss neben der Organisation vor allem sehr viel moderieren, auf zahlreiche Anregungen und auch Sorgen eingehen.“
Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus dem Projekt mit?
Im Laufe der Vorbereitungen gilt es gezwungenermaßen, auch kurzfristig und flexibel auf neue Aufgabenstellungen zu reagieren. Wir mussten zum Beispiel wenige Tage vor der Begehung unsere Raumplanung nochmals komplett umwerfen, als sich einer unserer Sitzungssäle plötzlich als zu klein erwies. Da kamen wir ganz schön ins Schwitzen. Ich denke wir haben dabei gelernt, die eigenen Zielsetzungen, die man als Einrichtung mit einer Evaluierung verfolgt, nicht aus dem Blick zu verlieren. Wichtig war, die einzelnen Arbeitsstände immer wieder gemeinsam zu überprüfen und das Vorgehen – wenn sinnvoll – anzupassen. Vor allem mit der zentralen Organisationsgruppe habe ich in dieser Phase sehr viel Zeit verbracht. Insgesamt sind für das DIPF Aufwände entstanden, die wir intern auf etwa 10.000 Arbeitsstunden für die Institutsbeschäftigten geschätzt haben.
Ein Ausblick: Sind Sie zufrieden und was folgt nun?
Am Ende sind vermutlich alle am DIPF froh, dass die Evaluierungsphase vorüber ist und der Bewertungsbericht vorliegt. Die gute Bewertung ist natürlich eine schöne Belohnung. Langjährige Kolleginnen und Kollegen sagen aber scherzhaft: Nach der Evaluierung ist vor der Evaluierung. Man darf aber auch nicht vergessen, wie sehr die diversen Anregungen des Bewertungsberichts helfen, die Arbeit des Instituts weiterzuentwickeln. Wir sind bereits dabei, neue strategische Ziele zu formulieren und dementsprechende Projekte anzugehen. Unter anderem wird es am DIPF jetzt weiter um das Thema „Digitale Bildung“ und den Ausbau von wissenschaftlicher Infrastruktur gehen. Damit nicht genug der Weichenstellungen, sind wir gerade in unseren Neubau auf dem Campus Westend in Frankfurt gezogen. Das gibt uns zusätzlichen Schwung.
Dr. Steffen Schmuck-Soldan verantwortet seit 2012 mit seinem Team die externe und interne Kommunikation sowie das Vorstandsreferat des DIPF.
Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Philip Stirm für DIPF.