Die Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) hat ihre Jahrestagung dieses Mal komplett in den virtuellen Raum verlegt – und gleich ein ganzes digitales Konferenzjahr daraus gemacht: die digiGEBF21. Doch nicht nur beim Format geht die wissenschaftliche Veranstaltung neue Wege. Denn ein Fokus liegt auf unterschiedlichsten Angeboten zum Austausch mit der Öffentlichkeit. Von Hackathon bis Miet-an-Expert: Ziel ist es, wissenschaftliches Wissen breit verfügbar zu machen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Von Johannes Hartig
Die GEBF ist eine der wichtigsten wissenschaftlichen Fachgesellschaften zur Bildungsforschung im deutschsprachigen Raum. Sie will vor allem den Austausch zwischen den verschiedenen Fachdisziplinen, die sich empirisch mit Bildung auseinandersetzen, stärken. Empirisch bedeutet, dass die beteiligten Forschenden mit kontinuierlich verbesserten Methoden systematisch Daten zu Bildungsfragen sammeln und auswerten – etwa durch standardisierte Befragungen, die Rückschlüsse auf die Motivation von Schülerinnen zulassen. Die Jahrestagungen der GEBF sind stets ein Höhepunkt, um die neuesten Fortschritte in diesem Feld zu diskutieren. Doch die Bildungsforschung hat längst erkannt, dass der Austausch sich nicht allein auf die Forschung beschränken darf, dass ihre Erkenntnisse noch besser und schneller den Weg in die Anwendung in Schulen und Kitas sowie in die breite Öffentlichkeit finden müssen. Viel mehr noch als das: Dieser Austausch bietet auch den Wissenschaftler*innen wichtige Impulse für ihre eigene Arbeit. Vor diesem Hintergrund haben wir auch die digiGEBF21 geplant und um neue Formate ergänzt, von denen ich ihnen hier einige beispielhaft vorstellen möchte. Über eine Teilnahme würden wir uns natürlich sehr freuen.
Bildungsbenachteiligungen abbauen, Fachwissen weitergeben
Ein zentrales Bildungsproblem unserer Zeit ist, dass es Menschen in jedem Lebensalter gibt, die unfreiwillig von Bildung abgekoppelt sind – etwa, weil sie aus sozial benachteiligten Familien kommen. Eine höhere Bildungsteilhabe würde es ihnen ermöglichen, sich gleichberechtigt an unserer Gesellschaft zu beteiligen. Hier setzt im Oktober der Hackathon „#Bildung_ReConnected“ an. Das Format des Hackathons kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung, ist aber inzwischen erfolgreich in anderen Themenfeldern angekommen. Eine Gruppe von interessierten Menschen kommt für mindestens einen Tag zusammen und erarbeitet gemeinsam in einer Hauruck-Aktion Lösungsideen für ein gemeinsames Problem. In unserem Fall möchten wir Bildungsforscher*innen mit interessierten Laien und Praktiker*innen aus dem Bildungsbereich neue Ideen generieren und konkrete Maßnahmen entwickeln, wie man Bildungsbenachteiligungen abfedern und abbauen kann. Es sind ausdrücklich auch interessierte eingeladen, die weder GEBF-Mitglied noch als Tagungsteilnehmer*in der digiGEBF21 registriert sind!
„Wir Bildungsforscher*innen wollen mit interessierten Laien und Praktiker*innen aus dem Bildungsbereich neue Ideen generieren und konkrete Maßnahmen entwickeln, wie man Bildungsbenachteiligungen abfedern und abbauen kann.“
Eine weitere Herausforderung ist wie gesagt, dass verschiedenste Zielgruppen eigentlich sehr von wissenschaftlichem Fachwissen profitieren könnten, die Expertise aber oft nicht schnell und zielgerichtet genug bei ihnen ankommt. Mit dem Angebot „Miet-an-Expert“ wollen wir hier Abhilfe schaffen. Das Format bietet die Möglichkeit, sich zu Einzel- oder Kleingruppengesprächen (bis zu 5 Personen) mit einem*r Expert*in aus der empirischen Bildungsforschung zu verabreden, um sich zu einem bestimmten Thema auszutauschen. Ein Gespräch dauert 30 Minuten. Das Angebot richtet sich an Nachwuchswissenschaftler*innen, Journalist*innen sowie Vertreter*innen aus der Bildungspraxis und der Bildungsadministration. Zur Verfügung stehen Fachleute von nationalen und internationalen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Eine konkrete Liste mit Expert*innen und den von ihnen angebotenen Themenfeldern ist noch in Arbeit, aber es lohnt, sich das Ganze vorzumerken.

Alle Angebote im Überblick
Das sind nur zwei von verschiedenen Angeboten, mit der wir in den Austausch mit der breiten, bildungsinteressierten Öffentlichkeit treten wollen. Genauso gut sollte man darauf verweisen, dass die verschiedenen Thementagungen, die im Lauf des Jahres ausgerichtet werden, immer wieder öffentlich zugängliche Vorträge zu spannenden Themen bieten. Auch bei den noch anstehenden digiGEBF21-Keynotes planen wir, die Vorträge öffentlich zu übertragen.
Und natürlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass wir mit „Inside Empirische Bildungsforschung“ am 29. Oktober einen virtuellen Tag der offenen Türen veranstalten. Dabei werden sich Standorte der empirischen Bildungsforschung mit Vorträgen und Gesprächsangeboten allen Interessierten vorstellen. Auf unserer Website zur digiGEBF21 finden Sie hierzu und zu allen Angeboten insgesamt detaillierte Informationen:
• digiGEBF21 insgesamt
• Hackathon #Bildung_ReConnected
• Miet-an-Expert
• Thementagungen
• Inside Empirische Bildungsforschung: Tag der offenen Türen
Oder Sie folgen uns auf Twitter unter @GEBF__eV beziehungsweise #digiGEBF21
Ich hoffe sehr, ein wenig Ihr Interesse an der Veranstaltung geweckt zu haben.
Prof. Dr. Johannes Hartig ist Professor für Educational Measurement am DIPF und an der Goethe-Universität Frankfurt. Sein Forschungsfokus liegt auf den Methoden der pädagogisch-psychologischen Diagnostik. Dabei befasst sich der Wissenschaftler, der 2003 in Psychologie promoviert wurde, vor allem mit der Messung und Modellierung von Kompetenzen. In diesem Themenfeld leitet er mehrere Forschungsprojekte am DIPF.
Johannes Hartig gehört zum Organisationsteam der digiGEBF21. Dieses umfasst das neben ihm noch Charlotte Dignath, Julia Dohrmann, Frank Goldhammer, Carolin Hahnel, Johannes Hartig, Alexander Naumann, Mareike Kunter und René Staab von der Abteilung „Lehr- und Lernqualität in Bildungseinrichtungen“ (LLiB) des DIPF, Katja Knuth-Herzig von der Universität Speyer sowie vielen weitere engagierten GEBF-Mitglieder.